„Sensible bis energiegeladene Interaktionen, die vom besonderen Klangverständnis aller Beteiligten leben und stilistische Grenzen hinter sich lassen.“ (FAZ)
Erneut macht Die Verwandlung ihrem Namen Ehre. Das hochkarätige Quartett der vielfach preisgekrönten Musikerpersönlichkeiten vollzieht auf seinem kommenden Album wieder mal einen stilistischen und klanglichen Richtungswechsel, vor allem im direkten Vergleich zu seinem 2018 veröffentlichten, spektakulären Orchester-Werk Homeward Bound Suite. So vielfältig wie auf Golden Age hat man die Band um Trompeter Frederik Köster zumindest auf CD noch nie gehört. Schon im Aufmachertitel Fanfare – For The Right Reasons kombiniert Köster seinen strahlenden Trompetenton dezent mit elektronischen Effekten, elegant und clever schlägt die Komposition eine Brücke vom orchestralen Vorgänger zur aktuellen Klangästhetik des Quartetts. Beim folgenden Soudasi setzt die Elektronik, zu der hier eben Kaos-Pad, Loop-Effekten und Samples auch charakteristische Ringmodulator-Sounds gehören, prägnante Akzente. Nicht nur dieser Titel basiert auf nahöstlichen Grooves, die von Burgwinkels pointierten bis hochverdichteten Schlagzeug-Einsätzen befeuert werden. Noch mehr als in Soudasi weckt Kösters wendiges Spiel in Yalla durch rasante Linien unwillkürlich Balkan-Assoziationen, dabei beruht das Stück auf dem modifizierten arabischen Maqam Bayat. Wenn Sebastian Sternal Fender Rhodes statt Flügel spielt kann es funky werden, immer wieder entwickelt die Band eine pointierte bis kraftvolle Dynamik. Dazwischen finden sich ruhige, rein akustisch arrangierte Kompositionen wie Cast Me From Your Spell, bei denen Köster und Sternal mit Klangfarben und Ausdruckskraft eine Atmosphäre kreieren, die an ihr Duo-Album Canada anknüpft.
Im Rahmen diverser Tourneen ist Frederik Köster bereits mehrfach Richtung Osten gereist, gastierte beispielsweise in Izmir, Almaty (Kasachstan) und – eine ganze Woche lang – in Beirut. So kamen ungerade Rhythmen und arabische Skalen mit ihren typischen Vierteltönen ins Spiel, die Köster in Soudasi mit westlichen Modi kombiniert. Weitere orientalische Impulse bezieht er aus seiner jahrelangen Mitwirkung in der internationalen Band des Osnabrücker Morgenland-Festivals, zu der nicht zuletzt auch hochkarätige Musiker aus Syrien gehörten. Der elektronische Wind weht dagegen aus einer anderen Ecke. Schon als Teenager war Köster, der neben Trompete auch Klavier gelernt hat, begeistert von Keyboards und Synthesizern; zuletzt hat er auch viel elektronisch produzierte Musik von Trap bis Hiphop gehört.
Den Albumtitel Golden Age versteht Frederik Köster einerseits als ironischen Kommentar zur Glorifizierung bestimmten Epochen. Andererseits ist auch er fasziniert von der Künstlerszene in Paris vor rund 100 Jahren, in der sich Dali und Picasso, Satie und Debussy, Hemingway und Scott Fitzgerald begegneten. Kösters Kompositionen und Arrangements auf Golden Age zeigen aber keine direkten Bezüge zum Impressionismus, spielen vielmehr klug mit prägnanten Sound- Vignetten aus jüngeren Dekaden. So steht das Fender Rhodes für die Siebziger, der analoge Juno 6-Synthesizer für die Achtziger, die elektronischen Effekte für das 21. Jahrhundert. Zudem finden sich natürlich Verweise auf die Blütezeit des Jazz in den 50er/60er-Jahren. Mit ihrer Mischung aus hier und da aufleuchtenden Referenzen und individueller Virtuosität kreieren Frederik Köster und Die Verwandlung einen vielschichtigen, modernen Sound, der auch jüngere Generationen anspricht.
Frederik Köster – Trompete, Elektronik
Sebastian Sternal – Klavier
Joscha Oetz – Kontrabass
Jonas Burgwinkel – Schlagzeug